Jotvingių hidronimai Avìris, Avìrė

Vidas Garliauskas

Anotacija


DIE JATWINGISCHEN HYDRONYME Avìris UND Av

Zusammenfassung

Die Hydronyme lit. Avìris (ein See) < jatw. *auvir-is würtlich „Abbrand“ (– „der sich an einem abgebrannten Ort befindende See“) und das daraus gebildete Femininum lit. Av (ein Fluss) < jatw. *auvir-ē, beide bei Léipalingis, sollten nicht mit idg. *au̯er- “Wasser“ oder verwandten Wörtern in Zusammenhang gebracht werden, sondern mit apr. auwerus E „Metallschlacke, Hammerschlag“ < apr. Verb *auvir-(tvei), welches von dem Präfix *au- „ab-, weg-“ und dem Stamm *vir- „kochen“ gebildet ist (Mažiulis PKEŽ 1, 125f.). Somit scheint die Vermutung von Vanagas (LHEŽ, 54) über das Suf­fix Av-ìris, Av-nicht zutreffend zu sein. Die Hydronyme Avìris und Avsind nicht archaisch, weil sie mit einem konkreten Ereignis verbunden sind, nämlich mit dem Nie­derbrennen einer Waldfläche, entweder auf natürliche Weise oder durch Menschenhand (Brandrodung). Möglicherweise sind diese Hydronyme gegen Ende des 13. Jhs. ent­standen, als ein Teil der Jatwinger von Preußen nach Užnemunė (Gebiet im Südwesten Litauens) übersiedelte. In der Nähe des Sees Avìris und des Flusses Avliegt das Dorf Degėsiaĩ „Brandstätte“, dessen Name von den im 15.–16. Jh. übergesiedelten Litauern aus einer jatw. Ortsbezeichnung *Auviriai (oder ähnl.) übersetzt werden konnte, welche mit den besprochenen Hydronymen in Zusammenhang steht. Die gleiche Wortbildung, wie jatw. *Auviris, jatw. *Aukrakstis > lit. Aũkrakštis (See bei Daũgai), zeigt, dass die jatwingische Sprache wie auch die altpreussische einmal ein Präfix *au- gehabt hatte, welches im 16. Jh. in den Hydronymen Avìris, Avvor -v- monophtongisiert wurde. Eine genauere Betrachtung der Hydronyme Avìris, Avermöglicht also, noch ein wei­teres Merkmal der toten jatwingischen Sprache festzustellen – das Präfix *au-.


DOI: 10.15388/baltistica.46.1.1494

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