Ide. *ger- „kelti“

Vytautas Mažiulis

Anotacija


IDG. *ger- „HEBEN, HOCHZIEHEN“

Zusammenfassung

Einen solchen Archetyp (nämlich mit einer solchen oder ähnlichen Bedeutung) gibt es bisher in etymologischen Wörterbüchern der indogermanischen Sprachen noch nicht. Eine solche Rekonst­ruktion ermöglichen aber bestimmte etymologische Gegebenheiten vor allem der baltischen und slawischen Sprachen — dieser besonders archaischen indogermanischen Dialekte. Entschei­dend bei dieser Rekonstruktion ist die im Aufsatz behandelte Etymologie (bisher von niemand er­klärt!) der verwandten baltischen und slawischen Wörtern: a) preuß. garian „Baum“ (Neutr.) < westbalt. *garan (Neutr.), b) lit. girià (= lett. dziŗa) „(Forsten)wald“ (Fem.) < ostbalt. *girā́ (Fem.) und c) aksl. (u. a.) gora „Berg“ (Fem.) < slaw. *garā (Fem.). Es werden Argumente ange­führt, die davon zeugen, daß alle diese baltischen und slawischen Wörter im Altertum „Erhöhung, Erhebung“ bedeuteten, d. h. sie waren Adjektivabstrakta (natürlich singulariatantum!) — subs­tantivierte neutr. (westbalt.) bzw. fem. (ostbalt. und slaw.) Formen der Adjektive mit der Bedeutung „erhöht, herausragend“. Weiter wird gezeigt, daß diese balt.-slaw. Adjektive für Ableitungen zu halten sind [mit den Endungen balt.-slaw. *-as (masc), *-a (neutr.), *-ā (fem.)] von den For­men (mit dem Ablaut des Wurzervokalismus) des Wurzelsubstantivs (der konsonantischen Dekli­nation und generis neutr. < idg. generis imanimati), eines nomen actionis (singulare tantum!) mit der Bedeutung „das Emporheben, das Hervor-, Herausragen“, d. h.: a) von der Form des Wur­zelnomens balt.-slaw. *gar < idg. *guor bzw. b) von der Form des Wurzelnomens + *-i balt.-slaw. *gari / *giri < idg. *gori / *g0ri; von dieser Form idg. Wurzelnomen + *-i stammten i-stäm­mige av. gairiš „Berg, Anhöhe“ / altind. giríṣ „dass.“ u. a. Dieses ncmen actionis (generis inanimati) idg. *gor bzw. *gori / *g ori „das Emporheben, das Hervor-, Herausragen“ läßt seiner Bildung nach das Verbum idg. *guer- (:*gor-: *g0r- „heben, hochziehen“ (bzw. „gehoben, hochgezogen werden“) annehmen. Von diesem Verb idg. *ger- bzw. (*ger + H>) * ger H-„heben, hochziehen“ entstanden und parallel funktionierten semantische Homonyme idg. * ger(H)-„verschlingen“ (< „saugen“ < „hochziehen“), idg. * ger(H)- „die Stimme beim Sprechen oder Singen erheben“ (daher gibt es in indogermanischen Mundarten Wörter mit den Bedeutungen „rufen“, „loben“ u. a.). Mit demselben Verb idg. * ger(H)- „heben bzw. hochgehoben werden“ → „ein schweres Ding heben“ bzw. „schwer gehoben werden“ hängt zusammen der Bildung nach gr. βαρ-ύς „schwer“ wie auch altind. gur-ú„dass.“ (< *gŗ-) u. a., außerdem lit. gìr-nos „Hand­mühle“ wie auch aksl. žrъ-пу „dass.“ (< *gŗH-) u. а.

DOI: 10.15388/baltistica.20.1.1613

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